Methoden gibt es inzwischen wie Sand am Meer. Ob im Coaching, im Workshop oder im Meeting – jede*r bringt verschiedene Ansätze mit an Deck und setzt unterschiedliche Methoden ein. Sowohl für Teilgebende als auch für angehende Facilitator*innen stellt sich dabei schnell die Frage: Was unterscheidet all diese Methoden überhaupt voneinander? Und wie kann man entscheiden, welche Methode für welches Manöver die richtige ist? Die Antwort darauf ist wie so oft nicht eindeutig – die richtige Wahl hängt von zahlreichen Faktoren ab. Deshalb möchten wir heute Einblicke in unterschiedliche Workshop Methoden schaffen und erklären, wie sie in Workshops eingesetzt werden können, um Erfolge zu bringen.
Vom steinigen Ufer zum sicheren Hafen: Die Manöver in einem Workshop
Jeder Workshop, unabhängig vom Zielhafen, von der Crew und von der Facilitator*in, besteht aus mehreren Manövern. Da jedes dieser Manöver unterschiedliche Zwischenziele für den gesamten Workshop verfolgt, eignen sich auch jeweils unterschiedliche Methoden auf dieser Route. Hier kommt beispielsweise der Double Diamond des British Design Council ins Spiel. Laut diesem Modell besteht jeder Problemlösungsprozess aus zwei Hauptphasen: dem Problemraum und dem Lösungsraum, die sich wiederum in zwei weitere Phasen aufteilen. Es schafft damit einen Raum, um Probleme zu verstehen, statt direkt in den Lösungsraum zu springen. Im Problemraum darf ein Blick hinter das Offensichtliche geworfen werden: Was sind die Bedürfnisse und die Ursachen für das Problem? Die Vorgehensweise dieses Modells können wir schließlich auch auf die Phasen eines Workshops übertragen.
- Entdecken ist die erste Phase im Problemraum. Hier sammelt die Crew Informationen und erweitert bestehende Kenntnisse zum bisher unspezifischen Problem. Wir sprechen auch von divergentem Denken, bei dem das kreative Erarbeiten und Sammeln von Perspektiven im Mittelpunkt steht. Unterstützen können dabei Übungen, die das Verstehen in den Mittelpunkt stellen.
- Definieren nennt sich die zweite Phase im Problemraum. Die Crew verdichtet und konzentriert die Informationen rund um das Problem, indem sie beispielsweise Pain Points definiert und analysiert. Hier sprechen wir von konvergentem Denken, bei dem die gemeinsame Erarbeitung eines Ergebnisses unter Berücksichtigung aller Sichtweisen im Mittelpunkt steht.
Im Anschluss an diese Phase entsteht ein konkretes Problem Statement.
- Entwickeln und Gestalten ist daraufhin die erste Phase im Lösungsraum eines Workshops. Hier darf die Crew mit Methoden der Ideenentwicklung Informationen, Ansätze und Ideen zur Problemlösung sammeln und erweitern. Es handelt sich wieder um eine divergente Phase.
- In der Umsetzen Phase werden diese Ideen wiederum verdichtet und konzentriert. So kann die Crew etwa mit Methoden der Prototypenentwicklung eine fundierte Lösung erarbeiten. Es handelt sich erneut um einen konvergenten Raum.
Im Laufe eines Workshops entsteht in beiden Hauptphasen immer ein Übergang von divergentem zu konvergentem Denken – vom kreativen Sammeln von Ideen zur Erarbeitung konkreter Lösungen. Dieser Übergang bringt jedoch häufig Konfliktpotenzial innerhalb der Crew mit sich. Diese Konflikte sorgen dafür, dass die sogenannte Groan Zone entsteht, eine emergente Phase, in der Teilgeber*innen sich auf die oft zahlreichen anderen Sichtweisen einlassen dürfen. Lebhafte Diskussionen, aber auch Verwirrung und Frustration zeichnen die Groan Zone aus.
Um diese emergente Phase frühzeitig zu berücksichtigen und zu erwarten, kann der Double Diamond durch das Diamond Model of Participation ergänzt werden. Laut diesem ergänzenden Modell besteht jeder Workshop, aber auch jedes Manöver innerhalb dieses Workshops, aus fünf Phasen.
- Intro: In der ersten Phase eines Workshops geht es darum, die Runde zu eröffnen, die aktuelle Situation und die Ziele zu definieren. Hier dürfen Intentionen gesetzt, Erwartungen geklärt, Vertrauen aufgebaut und ein Fahrplan für den gemeinsamen Workshop erarbeitet werden. Da jede Phase nicht nur einmal in einem Workshop stattfindet, sondern auch bei verschiedenen Manövern und jeder Übung während des Prozesses, nennen wir diese Phase Eröffnen.
- Divergent: Im nächsten Schritt geht es um divergentes Denken. Dieser Teil eines Workshops ist von kreativen Gedanken und Ideen geprägt. Alle Teilgebenden dürfen sich einbringen, ihre Gedanken teilen und verschiedene Perspektiven sammeln, um erste Ansätze für ihre Entscheidungsfindung zu schaffen. Diesen Schritt nennen wir Einbringen, was immer wieder im Laufe des gruppendynamischen Prozesses stattfindet.
- Emergent: Sich auf andere Sichtweisen einlassen, Optionen erforschen und die Bedürfnisse anderer erkennen – darum geht es in der dritten Phase eines Workshops, in der häufig die sogenannte Groan Zone entsteht. Verwirrung, Frustration und lebhafte Diskussionen sind häufig Teil dieser Phase, sodass Facilitator*innen die wichtige Aufgabe haben, die Crew durch stürmisches Gewässer zu navigieren. Da auch diese Phase zu jeder Zeit und nicht nur einmal auftreten kann, nutzen wir den Begriff Erforschen. Nichts anderes passiert in diesem Schritt: Wir erforschen die Sichtweisen der anderen und nähern uns einer gemeinsamen Perspektive an.
- Konvergent: Die gemeinsame Erarbeitung einer Lösung steht im Mittelpunkt dieser Phase. Die Crewmitglieder*innen haben sich auf andere Sichtweisen eingelassen und können diese Erkenntnisse jetzt nutzen, um Ergebnisse zu entwickeln und Entscheidungen zu treffen. Dabei werden die zuvor gewonnenen Ideen und Sichtweisen berücksichtigt und integriert. Diesen Schritt innerhalb einzelner Manöver nennen wir Erarbeiten.
- Outro: Die Crew befindet sich auf ihrer letzten Etappe vor dem gemeinsamen Zielhafen. Hier dürfen die nächsten Schritte geplant und Ergebnisse validiert werden. Das Outro stellt Reflexion und Feedback in den Mittelpunkt, sodass ein gemeinsamer Abschluss des Workshops entstehen kann. Aber auch am Ende jeder eingesetzten Methode dient ein Outro als Etappe der Reflexion, um sicher in den Zwischenhafen einzulaufen. Daher nennen wir diese Phase Einsetzen.
Berücksichtige die Groan Zone!
Bei der Transformation von divergentem zu konvergentem Denken entsteht durch die vielen Einflüsse und Ansichten häufig die sogenannte Groan Zone. Teilgeber*innen sind frustriert und haben das Gefühl, dass die Diskussion sich im Kreis dreht – die Entscheidungsfindung steckt fest und die Crew hat Schwierigkeiten, sich auf andere Denkweisen einzulassen. Wichtig ist an dieser Stelle für Facilitator*innen, dass sie die Groan Zone frühzeitig erkennen, sie sogar erwarten und Methoden vorbereiten, um die Crew durch diese stürmischen Gewässer zu navigieren.
So lassen sich Workshop Methoden vergleichen: Kriterien für ein Ranking
Aufwand
Wie zeitaufwendig ist die Vorbereitung für Facilitator*innen?
Skala: Wenig Vorbereitung – Intensive Vorbereitung
Komplexität
Wie viel Erfahrung ist nötig, um erfolgreich mit der Methode zu facilitieren?
Skala: Wenig Erfahrung – Sehr viel Erfahrung
Material
Wird spezifisches Material benötigt?
Skala: Nein – Optional – Ja
Herangehensweise
Ist die Herangehensweise eher spielerisch oder basiert sie auf Diskussion?
Skala: Spielerisch – sowohl als auch – Diskussionsreich
Crew
Für welche Gruppengröße eignet sich die Methode?
Angabe der Gruppengröße
Workshop Methoden im Überblick
Du fragst dich, welche Methoden überhaupt in Workshops zum Einsatz kommen können? Hier findest Du eine Übersicht über ausgewählte Methoden, die Crews auf ihrem Weg zum gemeinsamen Zielhafen begleiten.
Lego® Serious Play®
Bei Lego® Serious Play® dreht sich alles um die kleinen Bausteine aus Kunststoff, die wir aus unserer Kindheit kennen. Anhand einer zentralen Fragestellung erarbeiten Crewmitglieder*innen zunächst individuelle Modelle, die am Ende in ein gemeinsames Modell der gesamten Gruppe verwandelt werden. Auf dem Weg dorthin dürfen sie individuelle Sichtweisen vorstellen, reflektieren und ein gemeinsames Verständnis entwickeln.
Lego® Serious Play® für sich ist ein Prozess. Einzelne Phasen dieses Prozesses, beispielsweise das Skill Building oder das Bauen individueller Modelle, lassen sich effektiv in unterschiedlichen Phasen eines Workshops platzieren. Da LSP vor allem auf Metaphern und Geschichten basiert, eignet es sich optimal für die Darstellung abstrakter Szenarien, die andernfalls nur schwierig greifbar gemacht werden können. Der spielerische Ansatz sorgt dafür, dass es für die Teilgebenden leicht zugänglich ist, die visuelle Darstellung wiederum sorgt für eine hohe Identifikation mit dem Ergebnis.
Aufwand: 8 – Die Fragen müssen gut formuliert sein!
Komplexität: 7 – Es sieht einfach aus, aber der Schein trügt
Material: Ja
Herangehensweise: Spielerisch
Crew: 2 – Großgruppen
1-2-4 All
In jeder Crew gibt es Gruppendynamiken. Diese Dynamiken gilt es, in Workshops über Bord zu werfen. Vielmehr dürfen alle Teilegebenden auf Augenhöhe interagieren und sich zu gleichen Teilen in die Lösungsfindung integrieren. Unterstützung auf dem Weg zu diesem Ziel bietet die 1-2-4 All Methode. Sie ermöglicht es, alle Teilgebenden gleichzeitig in die Erarbeitung von Ideen und Vorschlägen einzubeziehen.
Wie das funktioniert? Ganz einfach: Alle Teilgebenden machen sich zunächst für sich Gedanken zu einer zentralen Fragestellung. Diese Ideen werden in Zweiergruppen diskutiert und weiterentwickelt, danach in Vierergruppen verfeinert und schlussendlich in der großen Gruppe vorgestellt. Dieser Weg schafft einerseits einen geschützten Raum für alle Crewmitglieder*innen und ermutigt andererseits alle Teilgebenden, sich einzubringen – unabhängig von alltäglichen Gruppendynamiken.
Aufwand: 3
Komplexität: 4
Material: Optional
Herangehensweise: Sowohl als auch
Crew: 8 – Großgruppen
Empathy Map
Ob für die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen oder die Neuausrichtung der Brand – eine der wichtigsten Aufgaben jeder Crew ist es, ihre Zielgruppe zu kennen. Dafür benötigt es Vorstellungskraft und Einfühlungsvermögen sowie eine visuelle Darstellung der Bedürfnisse und Wünsche der Zielgruppe. Diese Darstellung ermöglicht eine Empathy Map. Im Zuge dieser Methode taucht die Crew tief in die Bedürfnisse und Herausforderungen der Zielgruppe ein und schafft detaillierte Einblicke in ihre Umwelt und ihr Leben. Dazu beantworten die Teilgebenden Fragen aus sechs Feldern:
- Denken & Fühlen: Welche Ängste, Träume, Hoffnung und Motivation hat die Zielgruppe?
- Hören: Wie nimmt sie ihr Umfeld wahr und wer hat Einfluss auf die Zielgruppe?
- Sehen: Wie sieht das Umfeld der Zielgruppe aus?
- Sagen & Tun: Wie sieht das Verhalten der Zielgruppe? Tut sie das, was sie sagt?
- Pains: Welche Herausforderungen und Risiken erfährt die Zielgruppe?
- Gains: Welche Bedürfnisse hat die Zielgruppe und welche Ziele verfolgt sie?
Aufwand: 9 – Als Facilitator*in musst Du nur die Canvas ausdrucken und los, aber Achtung, für die Crew ist der Aufwand groß! Sie müssen ja vorab Erkenntnisse über die Zielgruppe sammeln!
Komplexität: 5 – Die Canvas führt Dich durch den Prozess, aber die Diskussionen dürfen gut facilitiert werden
Material: Ja
Herangehensweise: Sowohl als auch
Crew: 1 – Großgruppen
Journey Mapping / Customer Journey Map
Wie sieht eigentlich die Reise der Kund*innen aus, die mit den Dienstleistungen eines Unternehmens interagieren? Diese Frage ist eine der wichtigsten, wenn es um die Entwicklung neuer Produkte und Services geht oder für die Weiterentwicklung bestehender Leistungen. Die Crew benötigt einen Überblick über die gesamte Customer Journey – vom Starthafen über die Zwischenstopps bis zum Zielhafen.
Diese Reise kann in einer Customer Journey Map dargestellt werden: Sie umfasst alle Phasen, die Kund*innen durchlaufen, beispielsweise vom ersten Kontakt mit dem Produkt bis zum abgeschlossenen Kauf und alle Berührungspunkte, etwa das Smartphone oder der persönliche Kontakt. Diese Methode hilft Crews dabei, sich in ihre Kund*innen hineinzuversetzen, ihre Reise sowie potenzielle Hindernisse auf dem Weg zu erkennen.
Aufwand: 9 – Als Facilitator*in musst Du nicht groß etwas vorbereiten, aber Achtung, für die Crew ist der Aufwand groß! Sie müssen ja vorab Erkenntnisse über die Zielgruppe und deren Journey sammeln!
Komplexität: 7 – Der Gestaltungsprozess bedarf eine gute Facilitation, um nicht in subjektive Ansichten zu verfallen und immer wieder die Perspektive der Kund*innen anzunehmen
Material: Ja
Herangehensweise: Sowohl als auch
Crew: 2 – 6
Persona
Wie sieht unsere Zielgruppe aus? Dabei handelt es sich um eine zentrale Frage, die jede Crew beantworten darf. Welche Wünsche, Bedürfnisse und Herausforderungen hat die Zielgruppe und wie können unsere Produkte oder Dienstleistungen dabei helfen? Damit eine visuelle Darstellung eben dieser Zielgruppe entsteht, dürfen Crews Personas für ihre potenziellen Kund*innen erstellen. Diese Persona erhält einen Namen, eine zentrale Eigenschaft und darf beschrieben werden. Ihre Bedürfnisse und Herausforderungen dürfen definiert werden.
Im Workshop wird diese Methode eingesetzt, um Crews dazu zu ermutigen, ihre Zielgruppe besser kennenzulernen, sie greifbarer zu machen und ihr eine Persönlichkeit zu verleihen. Ziel ist es, dass sie eine oder mehrere Personas vor Augen haben, sobald Leistungen neu oder weiterentwickelt werden.
Aufwand: 9 – Als Facilitator*in musst Du nicht groß etwas vorbereiten, aber Achtung, für die Crew ist der Aufwand groß! Sie müssen ja vorab Erkenntnisse über die Zielgruppe und deren Verhaltensweise sammeln!
Komplexität: 7 – Die Komplexität varriiert je nach Detailgrad der gesammelten Erkenntnisse. Der Gestaltungsprozess bedarf einer guten Facilitation, um nicht in stereotypische Ansichten zu verfallen.
Material: Ja
Herangehensweise: Sowohl als auch
Crew: 2 – 5
Fishbowl
Workshops finden häufig auch in größeren Gruppen statt. Aufgabe der Facilitator*innen ist es dabei, Diskussionen überschaubar zu halten, aber dennoch die verschiedenen Sichtweisen zu integrieren. Umgesetzt werden kann das beispielsweise über die Fishbowl Methode. Hierzu werden zwei Stuhlkreise gebildet – ein Innen- und ein Außenkreis. In den Innenkreis setzen sich Crewmitglieder*innen, die jeweils unterschiedliche Perspektiven repräsentieren und aktiv an der Diskussion teilnehmen, während die Teilgebenden im Außenkreis zunächst zuhören.
Da es im Innenkreis in der Regel mindestens einen freien Stuhl gibt, können Teilgebende des Außenkreises diesen nutzen, um sich aktiv an der Diskussion zu beteiligen. Diese Methode sorgt dafür, dass eine überschaubare Diskussion in kleiner Gruppe entsteht, in die sich dennoch alle Teilgebenden einbringen können.
Aufwand: 3 – Die Methode funktioniert super ad hoc, aber die richtige Kernfragestellung ist entscheidend
Komplexität: 7 – Die Diskussion darf gut facilitiert sein!
Material: Optional
Herangehensweise: Diskussionsreich
Crew: 5 – 8 (Bei größeren Gruppen mehrere Fishbowls)
World Cafe
Interaktion schaffen, verschiedene Perspektiven entdecken und kreative Erkenntnisse sammeln – darum geht es in der World Café Methode. Sie wird eingesetzt, um in der Crew verschiedene Aspekte zu einem übergeordneten Thema zu diskutieren. Dabei kann es sich um eine Transformation in der Crew selbst handeln, aber auch um neue Leistungen oder Produkte. Ziel ist es, dass die Crew Ideen sammelt und sich austauscht, wie ihr gemeinsamer Zielhafen und die Route dorthin aussehen kann.
Facilitator*in und Teilgebende erarbeiten gemeinsam Kernfragen rund um ein übergeordnetes Thema. Diese Kernfragen werden an Stehtischen gesammelt und dürfen dort in kleinen Gruppen diskutiert werden. Danach wechseln die Gruppen ihren Tisch. Indem ein Crewmitglied als Gastgeber*in am Tisch verbleibt, können die weiteren Gruppen auf diese Ergebnisse aufbauen und ihre eigenen Perspektiven einbringen. Zum Schluss werden die Ergebnisse in der großen Runde vorgestellt.
Aufwand: 6 – Die richtigen Kernfragestellungen sind entscheidend. Es können auch Themengruppen geformt werden, zu denen bereits etwas Erarbeitetes diskutiert wird
Komplexität: 5 – Der Prozess an sich läuft von selbst. Aber die Synthese am Schluss bedarf dein Können!
Material: Ja
Herangehensweise: Sowohl als auch
Crew: 12 – Großgruppe
Zirkuläre Fragen
Die Fragestellung nimmt großen Einfluss auf das Ergebnis eines offenen Gesprächs oder einer Diskussion in einer Gruppe. Unabhängig vom Thema kann die Fragestellung zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen führen. Um Zusammenhänge greifbar zu machen, eine andere Perspektive einzunehmen und Verhaltensweisen anderer Personen zu verstehen, können zirkuläre Fragen eingesetzt werden. Bei dieser systemischen Fragetechnik handelt es sich um Formulierungen, die um die Ecke fragen und damit das Gegenüber ermutigen, eine andere Perspektive einzunehmen, zum Beispiel: „Woran erkennen deine Crewmitglieder*innen, dass du mit der Entscheidung haderst?“
Zirkuläre Fragen können beispielsweise dabei helfen, die Perspektive von Kund*innen, einem anderen Crewmitglied oder einer anderen Crew einzunehmen und in die Lösungsfindung einzubeziehen. Sie können auch das Verständnis von Konflikten erleichtern, indem etwa Missverständnisse aufgrund unterschiedlicher Perspektiven aufgedeckt werden.
Aufwand: 5 – Das hängt davon ab, ob Du die Methode vorab einplanst, dann nimm dir Zeit für die richtigen Fragestellungen.
Komplexität: 8 – Zirkuläre Fragen gehören zu der Meisterklasse der Fragen.
Material: Optional
Herangehensweise: Sowohl als auch
Crew: 1- Großgruppe (je größer die Gruppe, desto eher zu kombinieren mit 1-2-4-All, Fish Bowl oder World Café)
Silent Clustering
In jeder Diskussion, jedem Workshop und jeder Entscheidungsfindung spielen bestehende Gruppendynamiken eine Rolle. Sie für die gemeinsame Erarbeitung einer Lösung über Bord zu werfen, ist für viele Crews nicht einfach. Unterstützen kann dabei das Silent Clustering. Es kommt zum Einsatz, nachdem die Crew gemeinsam Ideen gesammelt hat, beispielsweise auf Post-its®, die es jetzt zu sortieren gilt. Statt in einer großen Gruppendiskussion findet das Silent Clustering leise statt. Jedes Crewmitglied darf alle Post-its® anfassen und sie bewegen.
Im Anschluss spricht die Gruppe über die entstandenen Cluster. Hier können Ideen erklärt und Entscheidungen begründet werden, um die Perspektiven der anderen Crewmitglieder*innen zu verstehen.
Aufwand: 1
Komplexität: 3
Material: Ja
Herangehensweise: Spielerisch
Crew: 4 – 12
Walk the Talk
Bei der Walk the Talk Methode geht es darum, Menschen in die Reflexion zu bringen: Reflexion darüber, wie die eigenen Ansichten mit denen des Gegenübers zusammenpassen, wo sie sich unterscheiden und wie die Sichtweise des Gegenübers entsteht. Die Methode kann beispielsweise eingesetzt werden, um Ideen zu einem Problem zu sammeln und anschließend ein gemeinsames Verständnis und damit einen gemeinsamen Ansatz zur Lösung zu erarbeiten. Warum diese Methode funktioniert? Weil sie das in uns verankerte Bedürfnis unterdrückt, zu reagieren, statt zuzuhören.
Bei einem Spaziergang zu Zweit erhält jeder Teilgeberin eine feste Redezeit. In dieser Redezeit darf er oder sie die individuelle Perspektive zu einer Leitfrage erklären und Ideen teilen. Antworten oder andere Reaktionen darauf sind nicht erlaubt – jede Person erhält den Raum, die eigenen Ansichten frei zu teilen. Zum Abschluss findet ein Austausch zwischen den beiden Teilgebenden statt, in dem die gemeinsame Essenz des Spaziergangs erarbeitet wird.
Aufwand: 2 – Das hängt davon ab, ob Du die Methode vorab einplanst, dann nimm dir Zeit für die richtigen Fragestellungen. Ad hoc geht es aber auch.
Komplexität: 2
Material: Optional
Herangehensweise: Diskussionsreich
Crew: 4 – Großgruppe
Fist to Five
Nicht immer ist es die sinnvollste Route, Entscheidungen in einer langwierigen Diskussion zu treffen. Vielmehr braucht es häufig ein schnelles Meinungsbild, um eine konsentorientierte Entscheidung treffen zu können. Dabei hilft die Methode Fist to Five. Die Crewmitglieder*innen geben ihre Zustimmung oder Ablehnung per Handzeichen.
- Geballte Faust: Ich lehne strikt ab.
- Ein ausgestreckter Finger: Ich habe große Bedenken.
- Zwei ausgestreckte Finger: Ich habe kleine Bedenken.
- Drei ausgestreckte Finger: Ich kann mit der Entscheidung leben, bin aber nicht begeistert.
- Vier ausgestreckte Finger: Ich stimme zu.
- Fünf ausgestreckte Finger: Ich bin begeistert und unterstütze die Umsetzung aktiv.
So entsteht innerhalb kürzester Zeit ein Meinungsbild. Sobald niemand im Raum weniger als mindestens 3 Finger zeigt, besteht kein Widerstand – dadurch herrscht Konsent. Andernfalls wird die Lösung gemeinsam weiterentwickelt und in einer neuen Runde bewertet.
Aufwand: 1
Komplexität: 7 – Die Methode ist etwas tricky. Nicht in der Durchführung per se, jedoch in dem Punkt dass DU ein sehr gutes Gespür für die Gruppe benötigst. Teilen die Menschen im Raum wirklich ihre ehrliche Meinung? Herrscht wirklich Konsent oder versucht jemand, den Prozess einfach abzukürzen?
Material: Ja
Herangehensweise: Diskussionsreich
Crew: 2 – Großgruppe
Paper Prototyping
Ideen greifbar machen, um sie ausprobieren und besser über sie sprechen zu können – darum geht es beim (Paper) Prototyping. Hierbei handelt es sich um eine kreative Methode, mit der die Teilgebenden ihre Ideen in Zeichnungen, Gebasteltem oder in digitalen Kreativ-Tools visuell darstellen. Möchte eine Crew beispielsweise im Zuge ihrer internen Transformation ein neues Branding erarbeiten, kann ein Paper Prototype einen ersten Ankerpunkt auf dem Weg zum gemeinsamen Zielhafen darstellen.
Anhand einer Fragestellung basteln oder zeichnen die Teilgebenden einen ersten Entwurf, den Low Fidelity Entwurf. Dieser Entwurf darf im Laufe des Prozesses zum High Fidelity Entwurf weiterentwickelt werden, also zum finalen Entwurf, der das Ergebnis darstellt.
Aufwand: 6
Komplexität: 4
Material: Ja
Herangehensweise: Spielerisch
Crew: 2 – Großgruppe
Wertearbeit
Wertschöpfung ist das Ziel jeder Crew. Jede Crew möchte einen Mehrwert für Kund*innen oder das Unternehmen schaffen. Als Anker dafür benötigt sie jedoch eine gemeinsame Identität, gemeinsame Werte, die von jedem Crewmitglied verstanden und mitgetragen werden. Auf der Route zu diesem gemeinsamen Werteset hat sich die Wertearbeit, etwa in Form mit Wertekarten wie den Purpose Cards, als zuverlässiger Partner erwiesen.
Diese Wertekarten helfen dabei, im Starthafen die individuellen Werte jedes Crewmitglieds zu definieren, für diese auf der weiteren Route ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln, aus dem wiederum gemeinsame Werte entstehen können, sodass im Zielhafen die gemeinsame Identität der Crew liegt. Auf Basis dieser gemeinsamen Identität kann die Crew schließlich eigenständig weitersegeln, Mehrwert kreieren und Wert schöpfen.
Aufwand: 5
Komplexität: 7
Material: Optional
Herangehensweise: Sowohl als auch
Crew: 2 – 12
Kontextuelle Interviews
Ein kontextuelles Interview dient dazu, ganzheitliche Informationen zu sammeln. In der Regel werden sie direkt am Arbeitsplatz eines Crewmitglieds durchgeführt. Die interviewte Person gibt dabei Einblicke in die alltägliche Durchführung einer Aufgabe. Geleitet wird das Interview von einem anderen Crewmitglied, einer Führungskraft oder einer externen Person, die vorbereitete Leitfragen stellt und damit die Aufmerksamkeit auf verschiedene Aspekte der Aufgabe legt.
Ziel ist es, einen authentischen Einblick in die alltägliche Durchführung einer Arbeitsaufgabe zu erhalten, um daraus zum Beispiel Nutzungsszenarien oder Personas erstellen zu können. Kontextuelle Interviews ermöglichen damit das Kennenlernen der Nutzer*innen.
Aufwand: 7 – Das Interview steht und fällt mit den Fragen.
Komplexität: 6 – Du als Facilitator*in solltest im Idealfall das Interview nicht selbst führen. Aber du darfst aufmerksam sein und hier und da noch eine entscheidende Frage hinzufügen.
Material: Optional
Herangehensweise: Sowohl als auch
Crew: 2 – 12
Stakeholder Maps
Darf in einem Workshop eine gemeinsame Entscheidung getroffen werden, basiert diese Entscheidung selten ausschließlich auf der Perspektive der Crew, die für die Routenplanung zuständig ist. Vielmehr spielen noch viele weitere Perspektiven in die Entwicklung einer Lösung hinein; die sogenannten Stakeholder. Bei Stakeholdern handelt es sich um alle für ein Projekt relevanten Personen – Personen, die ein Interesse am Projekt haben und in einer Beziehung zur Crew oder dem Unternehmen stehen. Diese Stakeholder dürfen in einer Stakeholder Map eingeordnet werden. Dazu segelt die Crew mehrere Zwischenhäfen an.
- Stakeholder sammeln: Welche Stakeholder gibt es überhaupt?
- Stakeholder einordnen: Wie nah stehen die Stakeholder der Crew und wie groß ist ihr Interesse am Projekt?
- Stakeholder analysieren: Welche Interessen haben die Stakeholder? Was brauchen sie und welche Haltung haben sie gegenüber dem Projekt?
- Stakeholder Map erstellen: Visuelle Einordnung der Stakeholder, beispielsweise in die Intensität ihrer möglichen persönlichen und sachlichen Vorbehalte gegenüber dem Projekt
Die Stakeholder Map dient der Crew als stützender Mast für die Kommunikation und die Aktivitäten, die im Zuge des Projekts durchgeführt werden. Sie hilft dabei, alle Stakeholder von Beginn an in das Projekt einzubeziehen, sie mit an Bord zu holen und bereits in der internen Entscheidungsfindung vor der Umsetzung zu berücksichtigen.
Aufwand: 4
Komplexität: 7 – Die Gespräche dürfen mit Hilfe von Leitfragen stark facilitiert werden.
Material: Ja
Herangehensweise: Sowohl als auch
Crew: 2 – 9
Workshop Methoden im Diamond Model
Du fragst Dich, wie sich die vorgestellten Methoden in Kaners Diamond Model of Participation einordnen lassen? Hier findest Du den Überblick und wirst zum Beispiel feststellen, dass nicht alle Methoden einer festen Phase zugeordnet sind.
Mit gut gefüllter Methodenbüddel zu effektiven Workshops
Schauen wir uns die unterschiedlichen Methoden, ihre Komplexität und Eignung in verschiedenen Phasen eines Workshops an, zeigt sich schnell: Deine Methodenbüddel darf vielfältig sein. Sie darf spielerische Methoden umfassen, die besonders leicht zugänglich sind, aber auch solche, die auf gemeinsamer Diskussion basieren und ein komplexeres Verständnis benötigen. Während Du einige Methoden sicherlich aus dem Stegreif einsetzen kannst, wächst du in andere mit Erfahrung und gesteigertem Wissen hinein. So erwartet nicht nur die Crews, die Du in Workshops zu ihrem Zielhafen begleitest, eine spannende Route, sondern auch dich selbst.